Sichtweisen Bericht

Der November begann für die einen vielleicht gespenstisch mit Halloween – am All Hallow’s Eve – , für andere besinnlich am Allerheiligentag. Beide Feste haben keltische Wurzeln und die Rituale sind auch heute noch geprägt von alten Traditionen. Der Anfang der dunklen Jahreszeit markiert einen Übergang, an dem nach der Überlieferung die Grenze zwischen Dies- und Jenseits verwischt. Ob das stimmt, kann kaum belegt werden. Wo objektive Beweise fehlen, kann uns die subjektive Wahrnehmung manchmal Antworten geben. Diese Sichtweise ist eine von vielen Betrachtungen, welchen Wert das eigene Erleben haben kann.

Die Ehrung der Toten, wie sie weltweit in unterschiedlichen Formen zelebriert wird, zeugt von dem menschlichen Bedürfnis, sich mit geliebten Menschen verbunden zu fühlen. Zu diesem Anlass Kerzen anzuzünden ist dabei einer der beliebtesten Bräuche. Wir bringen damit Licht in die Dunkelheit, um vielleicht wieder zueinander zu finden.
Auch eine Mediation vermag verdüsterte Situationen aufzuhellen, gerade dann, wenn zerstrittene Konfliktparteien einen Weg finden möchten, weiterhin verbunden zu bleiben. Im übertragenen Sinn sind es jedoch oftmals die dunkelsten Stunden, in denen Menschen am wenigsten Hoffnung auf einen Lichtblick haben. Gleichwohl lohnt es sich, den Kontakt miteinander aufrechtzuerhalten.
Ob es nun um den Austausch mit unseren Ahnen oder die Kommunikation mit unseren Zeitgenossen geht: meistens sind es die eigenen Erlebnisse, welche unsere Werte und Haltung prägen. In diesem Jahr öffnet der Neumond zum Monatsauftakt vielleicht eine Tür, das bisher Verborgene oder Verdrängte sichtbar zu machen oder einfach zu betrachten. Damit verbunden sei eine Einladung, die ebenso als Warnung verstanden werden kann: Sich selbst mit Konflikten auseinanderzusetzen, kann bedeuten, den eigenen «Dämonen» zu begegnen.

Wer selbst eine Mediationsausbildung erlebt hat, kann vermutlich Auswirkungen auf das eigene Konfliktverhalten erkennen. Die Akademie Sichtweisen schafft in verschiedenen Modulen Gefässe und Gelegenheiten zur Selbsterfahrung. Warum sie für die Praxis als Mediatoren wesentlich ist und wie sie in der Ausbildung Räume findet, kann im Beitrag von Michaela Hebsacker in der aktuellen «perspektive mediation» (1) nachgelesen werden. Ganz ohne Spuk oder Hokuspokus, erörtert sie darin gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse ebenso wie aus eigener Erfahrung als Mediatorin und Dozentin, welche Qualität Selbsterfahrung mit sich bringt. Ob der Besen letztlich zum Fliegen oder zum Wegwischen genutzt wird, sei jeder und jedem selbst überlassen.
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[1] Jubiläumsausgabe «Selbsterfahrung in der Mediationsausbildung», Verlag Österreich 2024, Ausgabe 3, Schwerpunkt, S. 208.